Jonglieren eignet sich für das Lernen deshalb so hervorragend, weil Lernen ein seit Jahrmillionen Jahren biologischer Vorgang ist, der natürliche Energie produziert. Genau diese natürliche Energie wird beim Jonglieren erlebbar bzw. produziert. Jeder Mensch mit einem intakten Gehirn kommt mit einem sehr tiefen Bedürfnis zu lernen auf die Welt. Alles Unbekannt zieht uns an, will begriffen, erforscht und ertastet werden. Wir lernen laufen, weil wir es wollen, und wir lernen verstehen, weil wir es wollen. Von Natur aus ist unsere Neugier auf das Leben unbändig und ungebändigt. Die gemachten Erfahrungen helfen uns dabei vorwärts und voran zu kommen. Je anspruchsvoller die Dinge werden, mit denen wir uns beschäftigen und die wir zu verstehen suchen – wie beim Jonglieren Lernen – umso mehr schulen wir dabei unsere Intelligenz bzw. erwerben wir neue Verknüpfungen im Gehirn. Dabei sortieren wir alles, was wir erleben und aufnehmen in Windeseile nach Relevanz. Und das ist vor allem das, was NEU ist oder WICHTIG oder am besten beides ist. Beim Jonglieren ist das neu erlernte von Bedeutung. Dabei wird nicht lange über Relevanz nachgedacht, wir FÜHLEN es. Auf diese Weise haben sich unsere Gehirne für das Leben und Überleben in einer sozial überaus komplizierten Umwelt entwickelt und perfektioniert.

Bewegung, Belohnung und Motivation liegen nah beieinander

Inwieweit unser Gehirn wirklich Bewegung nötig hat, lässt sich allein schon evolutionär erklären. Auffällig ist, dass die evolutionär sehr alten Areale unseres Gehirns, die für Bewegung zuständig sind, in direkter Nachbarschaft zu denen liegen, die Belohnung, Anreizverarbeitung und Motivation regulieren. Für Bewegung ist das dorsale Stratium und für Belohnung/ Motivation etc. das ventrale Striatum zuständig.

Jonglieren verbessert die Verbindungen im Gehirn

Der rote Bereich in diesem Bild zeigt den Teil der weißen Substanz des Gehirns, der durch Jonglieren vergrößert wird. Es befindet sich im intraparietalen Sulkus im hinteren Teil des Gehirns.

Wie eine Studie der Universität Oxford gezeigt hat, führt das Lernen des Jonglierens zu Veränderungen in der weißen Substanz im Gehirn. Die vom Wellcome Trust and Medical Research Council finanzierte und in der Zeitschrift Nature Neuroscience im Oktober 2009 veröffentlichte Studie scheint eine verbesserte Konnektivität in Teilen des Gehirns zu zeigen, die daran beteiligt sind, Bewegungen zum Fangen der Bälle erforderlich zu machen. „Wir neigen dazu, das Gehirn als statisch zu betrachten oder sogar zu degenerieren, sobald wir das Erwachsenenalter erreicht haben“, sagt Dr. Heidi Johansen-Berg von der Abteilung für klinische Neurologie der Universität Oxford, die die Arbeit leitete. Tatsächlich haben wir herausgefunden, dass die Struktur des Gehirns reif für Veränderungen ist. Wir haben gezeigt, dass es dem Gehirn möglich ist, sein eigenes Verkabelungssystem so zu konditionieren, dass es effizienter arbeitet.

Die Forscher des Oxford Centre for Functional Magnetic Resonance Imaging des Gehirns (FMRIB) untersuchten, ob Veränderungen in der weißen Substanz des Gehirns bei gesunden Erwachsenen beim Erlernen einer neuen Aufgabe oder Fähigkeit zu beobachten sind.

Weiße Substanz besteht aus den Bündeln langer Nervenfasern, die elektrische Signale zwischen Nervenzellen leiten und verschiedene Teile des Gehirns miteinander verbinden, während die graue Substanz aus den Nervenzellkörpern besteht, in denen die Verarbeitung und Berechnung im Gehirn erfolgt. Dass sich Veränderungen der grauen Substanz nach neuen Erfahrungen und Lernprozessen ergeben, war bereits klar. Das „Neue“ an diesen Studienergeb­nissen ist, dass auch Verbesserungen der weißen Substanz durch das Jonglieren-Lernen nachgewiesen werden konnten. Die weiße Substanz – das Verkabelungsnetz des Gehirns – hat um ca. 5% zugenommen.

Die Messung von Änderungen der weißen Substanz beruhte auf der Bewertung von Diffusions-MRT-Bildern mit neuen Methoden, die vom FMRIB-Zentrum in Oxford entwickelt wurden. Die Methoden sind in der Lage, anatomische Merkmale der weißen Substanz zwischen Individuen oder im Laufe der Zeit zu vergleichen. „Wir haben gezeigt, dass sich die weiße Substanz des Gehirns – die Nervenfaserbündel, die verschiedene Teile des Gehirns verbinden – durch das Erlernen einer völlig neuen Fähigkeit verändert“, erklärt Dr. Johansen-Berg.

Eine Gruppe junger gesunder Erwachsener, von denen keiner jonglieren konnte, wurde in zwei Gruppen von jeweils 24 Personen aufgeteilt. Eine der Gruppen erhielt sechs Wochen lang wöchentlich Jongliertraining und wurde gebeten, jeden Tag 30 Minuten zu üben. Beide Gruppen wurden vor und nach dem Zeitraum von sechs Wochen mittels Diffusions-MRT gescannt.

Nach dem Training gab es große Unterschiede in der Fähigkeit der Freiwilligen, zu jonglieren. Alle konnten drei Bälle für mindestens zwei Kaskaden jonglieren, aber einige konnten zusätzlich andere Tricks ausführen. Alle zeigten jedoch Veränderungen in der weißen Substanz, was darauf hindeutet, dass dies eher auf die Zeit zurückzuführen ist, die für das Training und Üben aufgewendet wurde, als auf die erreichten Fähigkeiten.

Quelle: https://www.ox.ac.uk/news/2009-10-12-juggling-enhances-connections-brain – 12.10.2009